Anfang Juni wurden die Ministerialentwürfe betreffend das Flexible Kapitalgesellschafts-Gesetz, das Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2023 (276/ME) und das Startup-Förderungsgesetz (275/ME) vorgestellt und zur Begutachtung aufgerufen. In einer ersten Reaktion hat der SENAT DER WIRTSCHAFT die aktuellen Gesetzesentwürfe als erste Schritte, die dazu beitragen, den Wirtschaftsstandort Österreich international konkurrenzfähiger zu machen, begrüßt. Tatsächlich bieten diese Entwürfe leider gerade einmal ein Minimum an Reformen an. Von einer Annäherung an die wesentlich moderneren und den heutigen wirtschaftlichen Bedürfnissen gerecht werdenden Rechtslagen vergleichbarer westlicher Industriestaaten sind wir mit diesen Entwürfen jedoch meilenweit entfernt. Dabei wäre die Angleichung des österreichischen Gesellschaftsrechts an moderne internationale Standards unerlässlich für die Stärkung des Standorts.

Was in den Entwürfen fehlt und unsere konkreten Vorschläge haben wird in diesem Papier zusammengefasst (siehe unten als Download) und als Stellungnahme ans Parlament geschickt.

Unsachliche Kritik der Richtervereinigung am SENAT

Während die meisten Stellungnahmen anderer engagierter Bürger und Organisationen positiv und unserer Stellungnahme ähnlich sind, hat die Vereinigung der Österreichischen Richterinnen und Richter explizit auf den Senat der Wirtschaft Bezug genommen und uns in einem völlig unsachlichen Vorstoß eigentlich offen gedroht („gibt zu denken und sollte Anlass geben, die Absichten hinter derartigen Tendenzen kritisch zu hinterfragen“). Dem SENAT wird die Kritik an der Aufrechterhaltung der Notariatsaktspflicht für die Gesellschaftsgründung vorgeworfen. Es gäbe „kein Argument für eine Liberalisierung strenger Formvorschriften, die sich bewährt haben und laufend bewähren.”

Was die Vereinigung als nicht Wirtschaftstreibende verkennt ist, dass sich diese strengen Formvorschriften schon lange nicht mehr bewähren und wesentlich zum inzwischen auch vom Schweizer IMD-Institut aufgezeigten Wegbrechen der österreichischen Standortattraktivität beiträgt.

Internationaler Standard sind unsere Notariatspflichten jedenfalls schon lange nicht mehr, sondern Ausdruck eines veralteten Verständnisses vom Verhältnis zwischen Staat und Bürgerinnen. „Mit diesen Drohgebärden nimmt die Justiz zum wiederholten Mal die Wirtschaft in Geiselhaft und macht sich zum Handlanger einer dem Gemeinwohl schadenden Bürokratur“, so Hans Harrer, Vorstandsvorsitzender des SENAT DER WIRTSCHAFT.

Tatsächlich zu denken gibt, dass die Vereinigung bereits jetzt – inmitten des Begutachtungsprozess – ankündigt, das neue Gesetz „uminterpretieren“ zu wollen, um noch mehr Kontrolle über die Wirtschaft zu erlangen:

Damit wird das Firmenbuchgericht auch jede Anmeldung eines Gesellschafterwechsels nach dem FlexKapGG formell und materiell zu prüfen haben. Auch wenn in den Erläuterungen Gegenteiliges formuliert wird, muss darauf aufmerksam gemacht werden, dass im Geltungsbereich der Neuregelung eine regelmäßige inhaltliche Prüfung durch das Firmenbuchgericht geradezu zwingend erscheint“. (eigene  Hervorhebung)

Der SENAT ist der Ansicht, dass der Autor dieser Stellungnahme für die Vereinigung seinen Mitgliedern mit solchen emotionalisierten und fachlich isolierten Aussendungen keinen Dienst erweist.
Gerade die Vereinigung der Österreichischen Richter sollte dem parlamentarischen Prozess mit deutlich mehr Achtung begegnen und ihre Vereinszwecke nicht damit überspannen, misinformierte Politik in einem solchen Ton zu betreiben, vor allem, da die Judikative nachher Gesetze getreu zu vollziehen hat.

Viele Richterinnen und Richter, mit denen ich mich austausche und gerade diejenigen, die in der Handelsgerichtsbarkeit arbeiten, sehen dem Reformprozess offen und interessiert entgegen. Es gibt in der Richterschaft konkrete Gesetzesinitiativen, den österreichischen Gerichtsstandort, aber auch unsere renommierte Schiedsgerichtbarkeit beim Vienna International Arbitral Center, attraktiver zu gestalten, etwa mit Englisch, Fast-Track Verfahren und der Abschaffung der außergerichtlichen Vergleichsgebühr.“ so unser Senator Dr. Keyvan Rastegar, LL.M. (Harvard), der als Experte von den Ministerien im Gesetzgebungsprozess beigezogen wird.