22.01.2016 | Jahresauftaktveranstaltung Hofburg Wien

 
„Europa als eigene Identität“
Der Senat der Wirtschaft lud zur Jahresauftakt-Veranstaltung in die Räumlichkeiten der OSZE, dem Ratssaal im Konferenzzentrum der Wiener Hofburg ein und mehr als 200 Personen aus Wirtschaft, Finanz, Wissenschaft und Forschung nahmen daran teil. Hans Harrer, Vorstand des Senat der Wirtschaft begrüßte die Teilnehmer mit den mahnenden Worten: „Wir brauchen dieses Europa, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und gemeinsame Plattformen. Wir dürfen uns nicht auseinander dividieren lassen, nur weil es Probleme gibt“.
Nach einem Überblick über die Aktivitäten des Senats im Jahr 2016, zu den Themen Wirtschaft, Bildung, Ökologie und Gesundheit, hielt Geronimo N. Hirschal, Mitglied im Jungen Senat, den Senatsmitgliedern einen Spiegel vor und forderte auf, endlich Reformen umzusetzen, damit nicht die heutige Jugend, die Rechnung für das Nichthandeln bezahlen wird müssen. Er präsentierte auch eine Initiative, die als Plattform für Unternehmer und Anlaufstelle für Flüchtlinge dienen soll, mit dem Ziel 10.000 Arbeitsplätze zu vermitteln. „Wir wollen die Welt neu begreifen und neu gestalten, das können wir – wenn wir wollen“.
Nach diesem eindringlichen Appell, forderte Dr. Erhard Busek, Präsident des Senats in Österreich, ein Nachdenken über Europa ein: „Europa hat geschichtlich immer eine wichtige Rolle gespielt, jetzt droht sich diese Bedeutung zu verändern“. Wer über Europa redet muss die Relation hierzu neu denken. Denn Europa stellt nur 7 Prozent der Weltbevölkerung, derzeit noch 20 Prozent der Wirtschaftskraft, jedoch mit abnehmender Tendenz, da natürlich auch andere Weltregionen aufholen, leistet sich aber über 50 Prozent der weltweiten Sozialausgaben. Wie lange geht das noch? Europa als Friedensprojekt hat ausgedient. Wir sind an den Problemen mitbeteiligt. Krieg findet heute anders statt als früher. Daher ist es dringend nötig für Europa zu wissen, wo es steht und was es tut, bzw. tun soll. Wir müssen voneinander lernen, einander verstehen und Dinge gemeinsam tragen. Wir sollten uns nicht nur als Europäer fühlen, wenn wir in den USA sind. „Die Wirtschaft ist stärker gestaltend als die Politik- die Politik begreift das leider nur nicht“, so Busek.
Nach diesen mahnenden Worten, fesselte der Finanzexperte Dirk Müller, mit seinem Vortrag „Wackelndes China und wankelmütige FED“ und zeichnete ein eher düsteres Szenario über die dortigen Entwicklungen. Er hat noch nie den euphorischen Wirtschaftsdaten aus China geglaubt, umso weniger glaubt er jetzt dem leichten Rückgang, „ der ist viel größer als uns gesagt wird- aber das ist eben die kontrollierende Politik, die keine Meinung zulässt. Allerdings, so Müller: „Es bedarf immer wieder einer Rezession, um nicht tragfähige Systeme zu zerstören“.
Im Anschluss daran fand Dr. Claus Raidl, Präsident der Nationalbank, mahnende Worte. Vor allem in Österreich, wo man die höchsten Steuereinnahmen aller Zeiten verzeichnen konnte, wurden weiterhin Schulden gemacht und nicht abgebaut. „Die wirtschaftliche Situation wird nur dann belebt, wenn die Unternehmen wieder mehr investieren. Solange nötige Reformen politisch nur als Spielball zwischen den einzelnen Parteien missbraucht werden, wird es nicht aufwärts gehen“, deponiert Raidl. Er fordert eine umfassende Reform, wie sie seinerzeit in Deutschland umgesetzt wurde, denn diese diente als Basis für den deutschen Erfolg von heute. „Europa wird nur dann Bestand haben und erfolgreich sein, wenn es von einer politischen Einheit begleitet wird“, ist Raidl überzeugt, der mehr Macht für eine „EU- Wirtschafts-regierung“ einmahnt. Alle waren sich aber trotzdem einig: „Europa ist unsere Zukunft“.